Hallo da draußen,
vier Monate sind es schon seit D-Day (Diagnose Tag).
Mir kommt es so vor als wäre es gestern gewesen.
Vier Monate ist es her, das mich Meister Hupfi fragte was ich für ein Gefühl habe und ich ganz optimistisch erklärte das Ding wäre zurück gegangen.
Ich werde nie diesen Blick vergessen und dann den Satz „es tut mir leid, aber die Biopsie hat ergeben das Sie Brustkrebs habe, ABER heilbaren Brustkrebs“.
Von allem was dann erklärt wurde sind mir nur Wortfetzen in Erinnerung – Chemo, Bestrahlung, OP und die Frage ob brusterhaltend oder radikal, von positiv auf Hormone aber langsam wachsend, Wechseljahre, Haarausfall und was weiß ich noch.
Ich höre mich mehrfach fragen ob es denn nun eilig sei oder ob ich noch nach Schweden fahren könnte – als wenn der Schwedenurlaub wichtiger wäre.
Ich weiß noch, das er sich fast entschuldigt mir diese Diagnose sagen zu müssen und mir Taschentücher reicht und wir mitten in dieser surrealen Situation über irgendetwas lachen was er gesagt hat.
Und er hat es geschafft, das ich dort raus gehe zwar völlig geschockt, aber kampfbereit mit dem Wissen kämpfen zu müssen, aber nicht gegen den Sensenmann.
„Geben Sie dem Tumor einen Namen, dann können Sie besser mit dem meckern“ und mir kommt spontan Horst in den Sinn, keine Ahnung warum.
Anschliessend waren wir gegenüber vom Krankenhaus im Blumenladen und kaufen eine Einpflanzung für den Geburtstag zu dem wir am Folgetag eingeladen sind und Andreas kauft mir eine wunderschöne einzelne Rose und die Floristin schaut fast schon ein bisschen neidisch – wenn die wüßte ….
Man stelle sich vor wir kaufen Blumen für einen Geburtstag am Folgetag und haben für noch einen Tag später Konzertkarten. Und ich will da hin!!!!
Wir fahren auf Arbeit wo ich Krankenschein und Befund abgebe und mich das erste Mal völlig in Tränen auflöse.
Mutig will ich Montag arbeiten und während der Chemo und mal gucken und überhaupt, meine Chefs lassen mich gewähren wohl schon ahnend und wissend, das das nicht gehen wird, was ich in den folgenden zwei Tagen selber merken muss und inzwischen wahnsinnig froh bin einen hartnäckigen Chef zu haben, der mich nicht zum arbeiten aber gerne zum Frühstück sehen will und mir alle Zeit zum gesund werden einräumt, die es brauchen wird.
Zu Hause muß ich es Phillip erklären.
Was bitteschön sagt man da?
Der Junge soll ja nicht vor lauter Angst in Schockstarre fallen.
Also erkläre ich es so ähnlich wie der Hupfi, lasse auch erst mal einiges weg und betone immer wieder das ich nicht daran sterben werde und will.
Phillip meint, wenn der Arzt sagt es wäre heilbar, dann schaffen wir das schon, schliesslich wird ja immer wieder erklärt, wenn man es frühzeitig findet ist es heilbar.
Aha, gefasste Worte eines 15 Jährigen.
Ich weiß nicht was ich davon halten soll.
Nachmittags sitze ich mit meiner Mutter im Garten. Ich sitze und schweige und wusel nicht wie sonst rum. Ich weiß einfach nicht wie ich es sagen soll und mir ist klar, das ihr schon längst aufgefallen ist, das irgendwas nicht stimmt.
Irgendwann schaffe ich es ihr zu erklären und die Tränen kullern bei uns beiden und dann zu Hause bei meinen Eltern wieder, weil ich es Papa unbedingt selber erklären will.
Weil ich so entschlossen wirke, schaffen es meine Eltern auch entschlossen zu sein, erzählt mir meine Mutter später mal.
Abends fällt der Entschluß Horst öffentlich zu machen.
Ich informiere den Freundeskreis, ich eröffne den Blog hier.
Ich flute mein Hirn mit Informationen und dann Andreas und meine Eltern und ich glaube, die hatten alle Angst das ich irre werde.
Wir fahren nach Schweden wir geplant und es ist trotz Untermieter ein traumhafter Urlaub mit dem Wissen, das wir 2019 wieder kommen werden und zwar ohne den Doofmann.
In den folgenden Wochen wurschtel ich mich so durch Termine, durch die erste Chemo, durch Papierkram und regel hier und da ein par Dinge neu oder ziehe mich auch aus Ämtern etwas zurück.
Eigentlich läuft es ganz gut, besser als erwartet.
Als die Haare ausfallen, kommt der erste Tiefpunkt.
Erinnert ihr euch an den Post?
Ich glaube meine Freundin Marika hat die halbe Nacht kein Auge zugetan.
Ich hab sie minütlich den ganzen Abend mit Nachrichten und Haarbüschelfotos bombardiert.
Andreas, der Nachtschicht hatte an dem Tag, wurde gleich von der Mützenlady beim aufstehen empfangen, der hat bestimmt auch den Schock des Jahrhunderts gehabt.
Aber er hat sich ganz tapfer als Friseur nach seiner Schicht betätigt und so wurde aus dem Pumuckel ein Igel und inzwischen sind wir bei Frau Propper angekommen.
Ich danke euch, das ihr das alles so ausgehalten und mitgemacht habt.
Ihr leidet auch und bringt dennoch Kraft und Mut auf, für mich da zu sein.
Und jetzt ist der erste Chemoblock schon geschafft.
Horst zerbröselt und ist schon über die Hälfte kleiner geworden, was ich höchst beachtlich finde in dem kurzen Zeitraum.
Der Weg ist schon noch ein Stück weit holprig.
Manche Steine werde ich überspringen, andere beiseite räumen und wieder andere irgendwie überwinden – ich lasse mich nicht zu Fall bringen!!!