Hallo ihr Lieben da draußen!
Gestern habe ich es endlich geschafft das Buch von Evelyn Kühne mit dem Titel „Viertel Kraft voraus“ fertig zu lesen.
Viertel Kraft voraus?
Heißt doch eigentlich volle Kraft voraus, oder?
Grundsätzlich ja, jedoch als Fatigue Patient eher Jaein oder Nein.
Evelyn Kühne erhält wie ich mit Anfang 40 die Diagnose Brustkrebs, kämpft sich durch die Therapie und absolviert eine Reha, immer mit dem Ziel zurück ins Arbeitsleben.
Während Evelyn es nach langer Suche noch einmal zurück schafft bis Madame Fatigue andere Pläne mit ihr hat, bin ich nach der Diagnose gar nicht erst wieder in das normale Arbeitsleben zurück gekehrt.
Inzwischen bin ich berentet und Selbstständig im Nebenerwerb auf max. 450€ Basis mit meiner Tätigkeit als virtuelle Assistentin und psychoonkologische Begleiterin. Evelyn hat sich zur erfolgreichen Autorin und Mentorin gemausert.
BEIDE müssen wir uns unsere Kräfte einteilen, manches absagen und hier und da immer noch blöde Sprüche einstecken und Unwissen aufklären.
Deswegen ist es mir heute wieder mal ein Anliegen, das Thema Fatigue in den Fokus zu stellen.
Fatigue ist das chronische Erschöpfungssyndrom.
Erschöpfung von den kleinsten Aufgaben oder gleich nach dem aufwachen. Erschöpfung, die sich ankündigt oder wie ein Stromausfall daher kommt. Zack dunkel!
Durch die Pandemie ist Fatigue etwas bekannter geworden, gehört es doch unter anderem zum Long Covid Symptom Komplex. Leider ist es vielen Medizinern, Therapeuten und Gutachtern nicht als chronische Erkrankung geläufig, viele kennen es nach wie vor nicht oder verkennen es als Depression.
Evelyn hat in ihrem Buch ihre heftigen Erschöpfungszustände beschrieben, deswegen auch der Titel „Viertel Kraft voraus“
Bei mir würde es eher „halbe oder manchmal auch Dreiviertel Kraft voraus“ heißen.
Ihr habt mich in diesem Jahr viel reisen gesehen. Zur Reha, zu zwei Fotoshootings, zu Terminen für die Selbsthilfe und zu Workshops. Zusätzlich war ich noch in Schweden, bin 140km gepilgert und habe dafür trainiert und meinen Garten hab ich ja auch noch.
Die kann unmöglich Fatigue haben!
Doch hat sie!
Ihr habt nämlich nicht gesehen, was es mich für Kraft gekostet hat, wie viele Pausen dazwischen oder hinterher nötig waren. Ihr wisst nicht, das ich mich schwer konzentrieren kann, vieles mehrfach lesen muss bis ich es verstanden habe. Das ich nicht mehr als einen Termin pro Tag schaffe und das mein Kopf abends eher aktiv ist als morgens. Große Einkaufsmärkte, Shoppingtouren überfordern mich total, binnen kurzer Zeit ist mir alles egal und ich will nur noch weg. Selbst bei so manchem Kaffeeklatsch oder gemeinsamen Essen, darf mich hinterher keiner fragen, was wir besprochen haben. Es kommt gar nicht erst an im Hirn.
„Wenn sie eine Woche Pilgern waren, können Sie kein Fatigue haben!“ hab ich neulich zu hören bekommen.
Ach, kann ich nicht?
Bewegung hilft gegen Fatigue und eine Gruppe, die einen mitzieht auch, zumindest kurzzeitig.
Fatigue äußert sich nicht bei jedem und täglich gleich!
Es ist mal mehr und mal weniger ausgeprägt da. Konzentration und Merkfähigkeit sind dauerhaft bei mir gestört, es lebe der Notizblock.
Ruhepausen muss ich täglich mittags spätestens einlegen, seit Wochen schlafe ich dann, auch schon mal bis zu 3 Stunden tief und fest.
Bücher lesen strengt mich an, oft ist das gelesene spätestens am nächsten Tag wieder weg. Hörbücher dagegen funktionieren ganz gut.
Manchmal bin ich schon nach Betten machen und Staubsaugen kaputt, manchmal kann ich am gleichen Tag noch im Garten werkeln.
Das schwierige für mich ist, das man es nicht planen kann. Natürlich habe ich meine Mechanismen und Routinen, auch Evelyn Kühne hat einige erklärt. Trotzdem weiß man nie genau, wann es wieder zuschlägt.
Zuverlässig ist man so nicht mehr. Nicht privat und schon gar nicht für einen Arbeitgeber mit festen Arbeitszeiten.
Ich empfehle euch, lest Evelyns Buch und/oder informiert euch bei der Deutschen Fatigue Gesellschaft.
Bestellt euch das Material und nehmt es mit zu euren Ärzten und Therapeuten, wenn ihr selbst betroffen seid.
Chronisches Fatigue ist nicht heilbar, aber man kann damit leben. Austausch mit Betroffenen und informierten Medizinern hilft.
Hier gibt’s einen Fragebogen von Selpers Fatigue Fragebogen und hier von der Charité
Ach ja, ich bekomme natürlich keine Bezahlung dafür, das ich Evelyns Buch hier thematisiere und verlinke.
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